Anna Kuschnarowa „Djihad Paradise“

Lust auf eine spannende Liebesgeschichte, die nicht weniger dramatisch als Shakespeares Romeo und Julia ist und dabei Einblick in den Islamismus bietet? In Anna Kuschnarowas Roman Djihad Paradise (2013), ausgezeichnet mit dem Harzburger Eselsohr und dem Coverpreis der Jury der Jungen Leser in Österreich, verfasst in leicht verständlicher, lockerer Jugendsprache, verlieben sich die beiden Teenager Romea und Julian unsterblich ineinander. Dabei eint die beiden ein gemeinsames Schicksal: Sie fühlen sich von ihren Familien missverstanden. Der aus zerrütteten Familienverhältnissen stammende und stets auf seine lässige Wirkung bedachte Julian ist schon mehrmals der Schule verwiesen worden und ist auf Anhieb von der schönen, selbstbewussten, toughen sowie intelligenten Romea fasziniert, für die es allerdings nicht Liebe auf den ersten Blick zu sein scheint.

Durch den Verkauf von Drogen, um Geld für die Miete für sich und seinen trinkenden Vater aufzutreiben, ist Julian schließlich gezwungen, Berlin zu verlassen und brennt gemeinsam mit Romea ins Ausland durch. Schließlich landet er aber doch in einem deutschen Gefängnis, wo er sich mit Murat, einem jungen Muslim, eine Gefängniszelle teilt und durch ihn Halt im Islam findet. Und das, obwohl Julian sein ganzes Leben so gar nichts vom Beten gehalten hat. Die einzige Möglichkeit, sich ihren Wunsch nach einem gemeinsamen Leben erfüllen zu können, sehen Julian und Romea nach seiner Haft in einer Bruderschaft der Salafisten. Sie lassen ihr altes Leben zurück und konvertieren: Aus Julian wird Abdel, aus Romea Shania, die mittlerweile auch ihren Weg zum Glauben gefunden hat, doch dabei kritischer als Abdel geblieben ist…

Von Kapitel zu Kapitel, das abwechselnd aus Julians und Romeas Sicht erzählt wird, erleben die Leser:innen Julians Verwandlung zum Glaubenskrieger mit. Wird der Protagonist es am Ende doch noch schaffen, zwischen Islam und Islamismus unterscheiden zu lernen? Wird er sich am Ende tatsächlich dafür entscheiden, „Ungläubige“ – aber auf jeden Fall völlig Unschuldige – mit in den Tod zu reißen, um als Märtyrer gefeiert ins Paradies einzugehen?

Die deutsche Autorin und Fotografin Anna Kuschnarowa ist studierte Ägyptologin und Germanistin. Ihre große Leidenschaft gilt dem Reisen in ferne Länder.

Überaus lesenswert für alle, die sich – neben einer großen Liebesgeschichte – dafür interessieren, was (deutsche) Jugendliche zur Radikalisierung bewegen kann.

Prof. Ungerboeck

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