Kader Abdolah “Das Haus an der Moschee“

Kader Abdolah ist 1954 im Iran geboren. 1988 musste er mit seiner Familie fliehen, er lebt derzeit in Holland und schreibt überwiegend in holländischer Sprache. Kader Abdolah zählt zu den bedeutendsten iranischen Autoren, die im Exil leben.

„Das Haus an der Moschee“ ist die Geschichte einer Familie, die in der Stadt Senedjan in einem Haus, das unmittelbar an die Moschee angebaut ist, seit vielen Generationen lebt. Die Erzählung beginnt Ende der 1960er Jahre und endet circa zwanzig Jahre später. Es geht um die iranische Revolution, den Wechsel von Reza Schah Pahlevi zum „Gottesstaat“ der Ayatollahs. Das Oberhaupt der Hausgemeinschaft, deren Mitglieder alle miteinander verwandt sind, ist Aga Djan, er ist der Vorsteher des Basars und der Moschee, er bestimmt auch den Imam. Er ist ein angesehener Geschäftsmann, der mit Teppichen handelt. Alsaberi ist der Imam der Moschee, sein Sohn Ahmad ist als sein Nachfolger vorgesehen. Der Muezzin ist Agha Schodja, der blind ist, aber ein begabter Töpfer. Sein Sohn Schabal wäre füg Aga Djan der bevorzugte nächste Imam, er schätzt ihn sehr.

Das gute, ruhige Leben im Haus an der Moschee wird durch die von Reza Schah Pahlevi forcierte Modernisierung und den Widerstand der Imame und Ayatollahs gegen jede Veränderung, die von ihnen als sündhaft bezeichnet wird, gestört.

Es kommt zu schweren Auseinandersetzungen, die schließlich zur Vertreibung des Schahs führen und möglich machen, dass Ayatollah Khomeini aus seinem Exil zurückkehrt und die Herrschaft übernimmt. Er will einen Gottesstaat errichten.

Von den Mitgliedern der Familie werden unterschiedliche Positionen eingenommen, Galgal, ein Imam, der mit der Tochter von Alsaberi verheiratet ist, ist fanatischer Anhänger Khomeinis. Er ist gegen jeden Fortschritt und wird zum Richter Khomeinis. Er veranlasst viele Hinrichtungen ohne gerichtliche Verfahren und auch Djuwad, der Sohn von Aga Djan, wird sein Opfer. Überall herrscht Angst und Terror. Die Ayatollahs nehmen Religion in den Dienst ihrer Politik und schaffen so die Hölle auf Erden.

Auch Ahmed, der Sohn Alsaberis, wird verhaftet, er überlebt, wird aber zutiefst gedemütigt und verletzt. Sinat, die Frau Alsaberis, schließt sich mit ihrer Tochter Sediq den Ayatollahs an.

Zuletzt muss Aga Djan erleben, dass er bei seiner Suche nach einem Grab für seinen hingerichteten Sohn Djuwad von all seinen Freunden abgewiesen wird. Nur einer hilft ihm.

Nachdem es auch zu einem Krieg zwischen Irak und Iran gekommen ist, der tausende Opfer gefordert hat und zu Gunsten Khomeinis ausgegangen ist, kehrt langsam wieder Ruhe ein. Khomeini wird alt, ihm wird die Macht entzogen, es gibt keine Hinrichtungen mehr und Galgal, der Richter Khomeinis, muss nach Afghanistan zu den Taliban fliehen. Aber selbst dort ereilt ihn sein Schicksal.

Kader Abdolah führt in seinem Werk einen allwissenden Erzähler ein, dieser berichtet in chronologischer Reihenfolge von den Geschehnissen. Es gibt viele Seitenstränge, die das Erzählte bunt und spannend machen, immer wieder unterbrochen von Gedichten oder Koransuren. Die von ihm beschriebenen Charaktere, die in all dem Wahnsinn menschlich bleiben, sind beeindruckend.

Kader Abdolah ist ein schockierendes und berührendes Buch gelungen. Es schließt mit einem guten Ausgang, aber jedenfalls mit der Hoffnung, dass Erneuerung möglich ist.

Besonders lesenswert!

Prof. Münzer-Jordan

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