Sepp Mall “Ein Hund kam in die Küche”

Sepp Mall ist 1955 in Graun (Südtirol) geboren und lebt jetzt in Meran. Er hat einige bedeutende Romane verfasst, so ist sein Buch „Wundränder“, das zum „Innsbruck-liest“ Buch gewählt wurde, bis heute Schullektüre. „Ein Hund kam in die Küche“ ist 2023 für den Deutschen Buchpreis nominiert gewesen.

Die historische Grundlage dieses Romans ist die „Option“, die ab 1939 für deutschsprachige Südtiroler geltend war. Diese Volksgruppe konnte sich entscheiden ins Deutsche Reich auszuwandern oder in ihrer Heimat Südtirol zu bleiben. Dabei wurde großer Druck für eine Entscheidung zur Auswanderung ausgeübt. „Heim ins Reich“ lautete das Propagandaprogramm der Nationalsozialisten. Es entschieden sich circa 75000 Menschen für eine Übersiedlung.

In seinem Buch “Ein Hund kam in die Küche” lässt Sepp Mall die tragische Geschichte einer Familie, die sich für die Auswanderung entschieden hat, vom elfjährigen Sohn Ludi erzählen. Es ist vor allem der Vater, der, überzeugt vom Gedankengut der Nationalsozialisten, die Auswanderung bestimmt und sich zugleich freiwillig in den Krieg meldet. Er möchte zum Deutschen Reich gehören.

Die Mutter fügt sich, obwohl sie lieber im Vinschgau, in Mariendorf bleiben würde. Für Ludi, den älteren Sohn, ist die Auswanderung vor allem ein Abenteuer und für Hanno, seinen jüngeren Bruder, der seit seiner Geburt geh- und sprechbehindert ist, gibt es nur ein „Mitgehen“. Hanno wird von Ludi und seiner Mutter geliebt und gut betreut.

Schon bei ihrer ersten Station, Innsbruck, wird Hanno von der Familie getrennt und in eine Heil- und Pflegeanstalt eingewiesen. Der besorgten Mutter erklären die Ärzte, dass Hanno dort sprechen und gehen lernen wird. Kurze Zeit später erreicht sie die unerwartete Nachricht, dass Hanno gestorben ist. Ludi und seine Mutter sind zutiefst betroffen. Für Ludi lebt sein Bruder weiter, er begleitet ihn in seiner Fantasie überall hin und er teilt ihm seine Sorgen und Nöte mit.

Die Versprechen, in der deutschen Heimat Haus und Grund für eine glückliche Aussiedlung zu erhalten, werden von den Deutschen nicht eingehalten. Ludi und seine Mutter sind ärmlichst untergebracht und die Mutter muss schwer arbeiten.

Nach Kriegsende, der Vater gilt schon lange als vermisst, entschließt sich die Mutter, mit Ludi nach Südtirol zurückzukehren. Wieder ist es ein Neuanfang mit schwierigen Bedingungen. Als der Vater heimkehrt, ist er durch seine Erlebnisse während des Krieges und in der Gefangenschaft verändert und fremd geworden. Die schrecklichen Ereignisse dieser Zeit verhindern, dass es in der Familie je wieder so werden kann wie früher.

“Ein Hund kam in die Küche” ist ein interessantes, ergreifendes Buch. Es beinhaltet nicht nur ein Stück Zeitgeschichte, sondern zeigt auf, wie schwerwiegend deren Folgen für einzelne Menschen und Familien sein können: Nichts ist, wie es einmal war!

Unbedingt lesenswert!!

Prof. Münzer-Jordan

Zurück