Yrsa Sigurðardóttir „Nebelmord“

Yrsa Sigurðardóttir (*1963) ist eine isländische Schriftstellerin und Ingenieurin. Das letzte Ritual (2005) gilt als ihr Krimidebüt. Die Übersetzung ihrer Bücher ist in nunmehr 30 Sprachen erfolgt. Der Island-Thriller Nebelmord erschien 2013.

Wer auf der Suche nach einem düsteren nordischen Krimi mit Binge-Reading-Potenzial ist, wird mit Nebelmord gewiss fündig. Drei verschiedene Handlungsstränge fesseln die Leser*innen: In welcher Verbindung stehen sie wohl zueinander?

Zwei Handwerker und eine Technikerin, begleitet von einem Fotografen, sollen auf einer winzigen Leuchtturminsel vor der Südküste Islands Reparaturarbeiten Ende Jänner durchführen. Bereits nach der ersten Nacht wird einer von ihnen vermisst, seine Leiche im Meer entdeckt. Aufgrund eines Unwetters sind sie gezwungen, in Eiseskälte auf der Felseninsel zu verharren. Es bleibt zunächst unklar, ob der Verstorbene aufgrund des Sturms umgekommen oder ermordet worden ist.

Im zweiten Kapitel treffen die Leser*innen auf die Polizistin Nína. Nach einem vermeintlichen Selbstmordversuch liegt ihr Mann Þröstur auf der Intensivstation. Die Ärztinnen und Ärzte raten Nína dazu, die Geräte abschalten zu lassen. Als wäre das nicht genug, wird sie auf der Polizeistation, in der sie arbeitet, nach der Meldung eines Vorfalls bei einem polizeilichen Einsatz, bei dem ihr Kollege sie im Stich gelassen hat, gemieden und zur Aktenarbeit im Keller degradiert. Da Þröstur aus Nínas Sicht keinerlei Grund dazu gehabt hat, sich umzubringen, beginnt sie dort, in alten Akten zu recherchieren und entdeckt, dass dieser 1985 als Kind verhört worden ist. Nína wird das Gefühl nicht los, dass eine Verbindung zwischen seinem Selbstmordversuch und dem Verhör in seiner Kindheit besteht. Sie erfährt, dass sich schon ein Mann, der für dieselbe Zeitung wie ihr Mann gearbeitet hat, dreißig Jahre zuvor auch in ihrer Garage das Leben genommen hat. Nun glaubt sie nicht mehr an einen Zufall. Wovon haben die beiden Journalisten gewusst?

Ein dritter Handlungsstrang befasst sich mit einer dreiköpfigen Familie, die gerade aus ihrem Urlaub in Florida heimgekehrt ist. Mutter Vala, Vater Nói und ihr 15-jähriger Sohn haben ihr isländisches Zuhause mit Amerikanern getauscht. Als sie heimkommen, liegt ein eigenartiger Geruch in der Luft. Zudem fehlen Schlüssel und Nói macht eigenartige Entdeckungen, sodass er sich Sorgen um die Gäste macht. Ihn verlässt das Gefühl nicht, beobachtet zu werden. Vala scheint seine Ängste aber nicht ernst zu nehmen. Verbirgt sie etwas vor ihm?

Der Zusammenhang, in welchem die einzelnen Morde zueinander stehen, bleibt lange im Verborgenen. Schließlich stellt sich heraus, dass die Opfer den Preis für eine Lüge bezahlen sollen. Dies erklärt wohl auch den von Yrsa Sigurðardóttir gewählten Originaltitel Lygi (isländisch für Lüge).

Da man diesen Island-Thriller nur schwer zur Seite legen kann, empfiehlt es sich, ihn an ein paar freien Tagen (die Semesterferien nahen!) zu lesen. Prädikat: Überaus lesenswert!

 

Prof. Ungerboeck

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